Einen Augenblick ...

Der Bezug zum eigenen Wahlkreis ist ihr wichtig. Das sagte Catarina dos Santos vor gut einem Jahr, als sie mit ihren damals 27 Jahren als jüngste Abgeordnete der neuen CDU/CSU-Fraktion in den 20. Deutschen Bundestag einzog. „Der Bezug zu meinem Wahlkreis ist mir wichtig“, betont die Eschweilerin auch im aktuellen Gespräch mit unserer Zeitung. Und weil das so ist, gehört dos Santos seit kurzem dem neu gegründeten „Parlamentskreises Schützen“ an, dessen bloße Existenz von manch Außenstehendem doch mit Verwunderung zur Kenntnis genommen werden dürfte.

„Es gibt ganz viele solcher Parlamentskreise“, betont die Christdemokratin, die sich in eben solchen auch um die Themen „Gründung und Start-up“ sowie „E-Sports und Gaming“ kümmert. Das sich nun noch das Schützenwesen hinzu gesellt, hat sie ihrem Kollegen Florian Müller „zu verdanken“. Der ergriff nämlich die Initiative für den neuen Parlamentskreis und warb um Catarina dos Santos Beteiligung. Große Überzeugungsarbeit habe er allerdings nicht leisten müssten, unterstreicht die Juristin. Denn mit Blick auf ihren Wahlkreis passe der Schwerpunkt sehr gut. „Es gibt viele Schützenvereine in unserer Region. Und weil sie mit ihrem ehrenamtlichen Engagement wichtige Pfeiler in unserer Gesellschaft sind, versuche ich, sie zu unterstützen und Aufmerksamkeit auf sie zu lenken.“

Für die Eschweilerin gehört das zur „ganz normalen Arbeit“ einer Bundestagsabgeordneten. Aber was war schon „normal“ in den ersten 13 Monaten in Berlin? „Leider nur sehr wenig“, lautet die Antwort, wenn dos Santos diese Zeit Revue passieren lässt. Und sie fügt hinzu: „Das war ein überraschendes und auch historisches Jahr. Leider im negativen Sinn.“ Im Oktober hatte sie ihren beruflichen Umzug von Eschweiler nach Berlin vollzogen, im Januar nahmen die Ausschüsse die Arbeit auf. Auch wenn für Catarina dos Santos alles neu war, ordnet sie dies im Rückblick als Normalität ein. Die endete dann abrupt mit dem russischen Angriff auf die Ukraine. „Die Sondersitzung des Bundestages war ein sehr einschneidendes Erlebnis“, erinnert sich die junge Abgeordnete noch ganz genau an den 27. Februar. „Ich war im Newsticker-Modus, konnte gar nicht einordnen, was da passierte.“ Dass die Sondersitzung für den Karnevalssonntag einberufen worden war, hatte sie angesichts der Umstände gar nicht auf dem Schirm. „Das erste Mal in meinem Leben habe ich vergessen, dass Karneval ist. Bewusst geworden ist mir das erst, als mir im Kölner Hauptbahnhof Menschen im Kostüm begegnet sind.“ Im Parlament in Berlin wurde dann die „historische Zeitenwende“ eingeläutet. Verbunden mit der Frage, ob Deutschland der Ukraine Waffen liefern soll oder nicht. „Ich fand es sehr wichtig, eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Und da ich nicht von allem Ahnung haben kann und von Waffen auch keine Ahnung habe, bin ich mit Leuten in den Austausch gegangen, die das beurteilen und die mich beraten können.“

Am Ende stand für Catarina dos Santos fest: „So tragisch und schlimm das ist, was in der Ukraine passiert, darf es nicht dazu kommen, dass wir handlungsunfähig werden.“ Diese Erkenntnis habe sie aus den „sehr anstrengenden Wochen“ nach dem Beginn des Krieges gezogen. Und vor diesem Hintergrund sei sie auch zu dem Schluss gekommen, dass Deutschland seine Abhängigkeiten von einzelnen Ländern reduzieren müsse. „Lieber viele kleine Abhängigkeiten als wenige große“, sagt sie und will das nicht nur auf den Energiesektor bezogen wissen. Als Konsequenz aus dem aktuellen Weltgeschehen fordert dos Santos eine „umfassende Abhängigkeitsberechnung“, auf deren Basis dann eine Diversifizierung vollzogen werden müsse.

Ab Ende Mai hat sich die Eschweilerin nach eigener Einschätzung zunehmend ihrer „wesentlichen Arbeit“ zuwenden können. So habe sie sich beispielsweise als Mitglied des „Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union“ um die Grenzpendler-Regelung zwischen Deutschland und den Niederlanden und die Frage nach der Besteuerung im Homeoffice gekümmert. Als Erfolg verbuchte sie zudem die Aufnahme von Stolberg in das Programm „Europa Nostra“. „Daran waren viele Akteure beteiligt. Und die Initiative kam aus der Stadtgemeinschaft, das finde ich besonders positiv.“

In die Kategorie „positiv“ ordnet Catarina dos Santos definitiv auch ihre dreiwöchige Sommertour im Wahlkreis ein, der die Städteregion Aachen ohne die Stadt Aachen umfasst. „Ich war in jeder Stadt und Gemeinde mindestens einen Tag und habe dabei ganz unterschiedliche Dinge gemacht.“ Gespräche mit Vertretern von Hilfsorganisation seien ebenso dabei gewesen wie eine Wanderung in der Eifel, die Besichtigung von Gewerbegebieten und der Besuch von Familienzentren. In der Summe habe das die Möglichkeit geboten, Stimmungen aufzugreifen, Themen zu erkennen und natürlich auch, ihr Interesse am Leben in ihrem Wahlkreis zu dokumentieren.

Das will Catarina dos Santos ab Beginn des kommenden Jahres auch noch auf andere Weise tun: „Ich habe endlich eine geeignete Immobilie für mein Wahlkreisbüro gefunden“, frohlockt die 28-Jährige. In der Eschweiler City wird es eingerichtet. Und in einem Haus, das von der Flut beschädigt worden war und jetzt wieder hergerichtet worden ist. „Das finde ich gut, weil ich so meinen Beitrag zur Wiederbelebung der Innenstadt leisten kann.“ Der genaue Standort soll noch nicht verraten werden. Aber immerhin schon so viel: „Ich werde regelmäßig vor Ort sein, persönliche Sprechstunden anbieten und auch Infoveranstaltungen organisieren.“ Dabei solle es natürlich auch um die große Politik in Berlin gehen – zum Beispiel das Bürgergeld, das sie in seiner jetzigen Form unausgewogen und nicht in Ordnung findet und deshalb die Ablehnung durch den Bundesrat in der vergangenen Woche begrüßt.

Aber vor allem um die wichtigen Themen in ihrem Wahlkreis. Die Bewältigung der Flutfolgen etwa, der Strukturwandel in der Region, die Weiterentwicklung des Forschungsflugplatzes in Merzbrück und auch die Unterstützung des „neuen“ Citymanagement-Vereins in ihrer Heimatstadt.

Dass das in der Summe mit sehr viel Arbeit und Aufwand verbunden ist, räumt die junge Abgeordnete ein. „Ich habe sicherlich einige Monate gebraucht, um einigermaßen meinen Rhythmus zu finden“, stellt sie fest. Und: „Man muss lernen, Prioritäten zu setzen.“ Die Familie gehe für sie im Zweifelsfall vor, erklärt die 28-Jährige, die Anfang September standesamtlich geheiratet hat. „Und mir ist es zudem sehr wichtig, Freundschaften zu halten und zu pflegen.“

Das muss sie dann unter einen Hut bringen mit ihren beruflichen Pflichten und Zielen. Was nicht immer einfach ist, wie sie einräumt und von einer „Herausforderung“ spricht, denn: „Ich habe einen hohen Anspruch an meine Arbeit und nehme meinen Job sehr ernst.“ Dass in den ersten 13 Monaten unter diesem Gesichtspunkt etwas völlig schief gegangen ist, kann Catarina dos Santos nicht erkennen: „Ich versuche, mich so gut wie möglich über die Themen, die anstehen, zu informieren. Und ich möchte immer ansprechbar sein.“ So soll es auch in den kommenden drei Jahren der Legislaturperiode bleiben, sagt sie. Und verbindet das mit der Hoffnung, dass es in diesen drei Jahren etwas mehr Platz und Zeit für „Normalität“ geben wird.

Quelle: „Überraschend und historisch“: Catarina dos Santos‘ erste Bilanz aus dem Bundestag (aachener-zeitung.de)

 

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